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Vilmos ZSIGMOND |
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16.06.1930, Szeged, Ungarn † 01.01.2016, Big Sur, California VILMOS ZSIGMOND wuchs im ungarischen Szeged auf, einer kleinen Stadt, deren Hauptindustrie eine Seilfabrik war. Als er ein Teenager war, endete der Zweite Weltkrieg und die russische Regierung und Armee etablierten ein kommunistisches Regime, das jeglichen Kontakt zur westlichen Welt unmöglich machte. Im Alter von 17 Jahren flammte sein Interesse für die Kunst der Fotografie auf, nachdem er das Buch “The Art of Light” über die Fotos von Eugene Dulovits gelesen hatte. Kommunistische Behörden untersagten ihm jedoch die Fortsetzung seiner Ausbildung, weil seine Eltern zur Bourgeoisie gehörten. Statt dessen musste Zsigmond in der Seilfabrik arbeiten. Er sparte sich Geld, um sich eine Kamera kaufen zu können und brachte sich selbst das Fotografieren bei. In der Fabrik gründete er schließlich einen Fotografie-Club, in dem er Arbeitskollegen das Fotografieren beibrachte. Als Belohnung wurde ihm die Genehmigung erteilt, an der Filmakademie in Budapest Kamera zu studieren. Allerdings sollte er nach seinem Studium wieder in die Fabrik zurück, um seinen Kollegen das Filmen beibringen zu können. Am 23. Oktober 1956, kurz nachdem Zsigmond sein Studium beendet hatte, gruppierte sich spontan ein Aufstand gegen das kommunistische Regime. Zsigmond und Laszlo Kovacs, der noch an der Akademie studierte, liehen sich eine Filmkamera aus und dokumentierten auf endlos vielen 35-Millimeter-Schwarzweißfilmrollen die Schlacht von mutigen Bürgern gegen russische Panzer und Soldaten auf den Straßen Budapests. Nachdem der Aufstand niedergeschlagen war, schafften Zsigmond und Kovacs das Filmmaterial in einer lebensgefährlichen Reise außer Landes nach Österreich. Sie wollten der Welt zeigen, was in ihrer Heimat geschehen war. Im Februar 1957 wanderten Zsigmond und Kovacs als politische Flüchtlinge in die USA aus und hatten den großen Traum, Kameramänner in Hollywood zu werden. Sie sprachen kein einziges Wort Englisch und hatten keinerlei Beziehungen zur Filmindustrie. Zsigmond hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser und verbrachte viele Wochenenden und Abende damit, Übungs- und Studentenfilme auf 16 Millimeter zu drehen. Mitte der Sechzigerjahre fand er schließlich eine Nische in der TV-Werbefilmindustrie und begann auch damit, Low-Budget-Filme für Drive-In-Kinos zu filmen. 1971 kam Robert Altman auf ihn zu und fragte Zsigmond, ob er McCABE & MRS. MILLER (“McCabe & Mrs. Miller”, 1971) für ihn drehen wollte. Das war seine Eintrittskarte in die Filmindustrie Hollywoods. Zsigmond arbeitete im Lauf seiner Karriere bislang bei gut 80 Kinofilmen als Kameramann. Er wurde für THE DEER HUNTER (“Die durch die Hölle gehen”, 1978) mit einem British Academy Award (BAFTA) geehrt und für CLOSE ENCOUNTERS OF THE THIRD KIND (“Unheimliche Begegnung der dritten Art”, 1977) erhielt er den Oscar®. Darüber hinaus stand er etliche Male als Nominierter auf den Award-Listen von amerikanischen als auch internationalen Preisverleihungen. Als er 1977 den Oscar® für CLOSE ENCOUNTERS OF THE THIRD KIND gewann, widmete er ihn in einer erinnerungswürdigen Dankesrede, die von einem Millionenpublikum auf der ganzen Welt am Fernsehbildschirm verfolgt wurde, seinen Mentoren an der Filmschule in Ungarn. Weitere Oscar®-Nominierungen erhielt er für THE DEER HUNTER, THE RIVER (“Menschen am Fluss”, 1984) und THE BLACK DAHLIA (“Die schwarze Dahlie”, 2006). Ferner durfte Zsigmond für seine Arbeit an dem Fernsehfilm “Stalin” aus dem Jahr 1992 einen Emmy Award mit nach Hause nehmen. 2001 stand er auf der Nominiertenliste der Emmy- Verleihung. 2005 gehörten Zsigmond und Kovacs zu den vier Ersten, die mit dem The Legends Award des Ungarischen Kameraverbands ausgezeichnet wurden. Der Preis ist als Tribut für Kameramänner gedacht, deren Leben und Filme als Inspiration für andere Filmemacher auf der ganzen Welt dienen. Zsigmond ist erst unlängst zu seiner Alma Mater in Budapest zurückgekehrt, wo er Filmstudenten in einer Masterclass unterrichtet hat. Er und Kovacs stellten 1994 das Konzept für eine halbjährliche Masterclass in den Sommermonaten zusammen. Zsigmond war und ist ein regelmäßiger Teilnehmer an Seminaren auf der ganzen Welt. Derzeit beendet er die Dreharbeiten an BOLDEN! (2011), der gemeinsam mit LOUIS (2010) ins Kino kommen wird. Beide Filme sind von Dan Pritzker inszeniert und stellen einen filmischen Tribut an einen entscheidenden Pionier der frühen amerikanischen Jazzmusik (in BOLDEN) und dessen unmittelbare Einflüsse auf den großartigen Louis Armstrong - in dem Stummfilm LOUIS - dar. Zsigmond wurde bei zahlreichen weiteren Anlässen geehrt, einschließlich 1997 beim CamerImage International Festival of the Art of Cinematography und 1999 von der American Society of Cinematographers, die ihn je mit einem Lifetime Achievement Award auszeichneten. Zu seiner Filmographie zählen viele weitere Werke, die längst als Klassiker gelten, wie BLOW OUT (“Blow Out – Der Tod löscht alle Spuren”, 1981), DELIVERANCE (“Beim Sterben ist jeder der Erste”, 1972), THE LONG GOODBYE (“Der Tod kennt keine Wiederkehr”, 1973), THE SUGARLAND EXPRESS (“Sugarland Express”, 1974), CINDERELLA LIBERTY (“Zapfenstreich”, 1973), THE ROSE (“The Rose”, 1979), HEAVEN’S GATE (“Heaven’s Gate - Das Tor zum Himmel”, 1980), THE WITCHES OF EASTWICK (“Die Hexen von Eastwick”, 1987), SLIVER (“Sliver – Gier der Augen”, 1993) sowie zwei jüngere Woody-Allen-Filme, MELINDA AND MELINDA (“Melinda und Melinda”, 2004) und CASSANDRA’S DREAM (“Cassandras Traum”, 2007). [Presseheft von You Will Meet a Tall Dark Stranger, 2010] |
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FILMS |
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The
Sadist / Profile of Terror (Todesangst,
1963-USA * James Landis) |
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AWARDS |
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Academy
Award (Oscar) für Close Encounters of the Third
Kind (beste Kamera, 1978) |
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