* 02.11.1944, Lézigné, Maine-et-Loire, Frankreich † 07.10.2013, Clichy, Hauts-de-Seine, Frankreich

Regisseur, Drehbuchautor * tritt auf dem Gymnasium (Lycée Louis-le-Grand) der Theatergruppe bei und interessiert sich für alle Aspekte des Bühnengeschehens (Schauspieler, Kostüme, Dekors, Regie) - 1964 inszeniert dort mit L'intervention sein erstes Theaterstück * beginnt ein Literatur- und Deutschstudium, widmet sich aber im brodelnden Frankreich der 60er Jahre dem politisch engagierten Theater ("Eigentlich waren die frühen Eindrücke des Kinos stärker als die des Theaters. Aber das Theater bot mir die ersten Möglichkeiten.") * 1966-69 Leiter des Theâtre de Sartrouville bei Paris * 1969-72 am Piccolo Teatro in Mailand * 1969 erste Operninszenierung - 1976-80 sorgt mit einer herausfordernden Inszenierung der Ring-Tetralogie in Bayreuth für heftige Diskussionen * 1972 (zusammen mit Roger Planchon und Robert Gilbert) übernimmt die Direktion des Théatre National Populaire de Villeurbanne und feiert 1973 seinen ersten bedeutenden Erfolg mit der Inszenierung von Marivaux' La dispute (am Théâtre de la Gaîté) * 1982-90 Co-Direktor des Theâtre des Amandiers in Nanterre * seit 1974 arbeitet auch als Filmregisseur, -autor und -schauspieler - zählt "zu den renommiertesten Filmemachern des internationalen Arthouse-Kinos." aber gilt "zuerst als der große Theatermann, Galionsfigur des modernen europäischen Regietheaters." * 1991-2013 inszeniert Bühnenstücke in Frankreich (Phèdre, 2003) sowie sechs Opern in Europa (Paris, Berlin, Salzburg, Aix-en-Provence, Wien, Mailand) * 2001 provoziert Pornografievorwürfe mit sehr freizügigen Sexszenen in Intimacy * 2003 Jury-Vorsitzender bei den Filmfestspielen in Cannes * übernimmt immer mal wieder kleinere Rollen in Filmen anderer Regisseure (Andrzej Wajda, Michael Mann, Michael Haneke)

"Tout ce que je sais, tout ce que j'ai appris, c'est très peu de spectacles de théâtre et énormément de films. J'ai choisi le théâtre parce qu'il était à portée de main" (1995)

Patrice Chéreau gilt als einer der Großmeister der europäischen Regieszene. Der Sohn eines Malers bringt mit 20 Jahren seine erste Inszenierung auf die Bühne, "L'Intervention" von Victor Hugo. Von 1966 an leitet er für drei Jahre das Théâtre de Sartrouville und inszeniert dort Molière, Shakespeare, Marivaux, Marlowe und andere Autoren. Von 1971 bis 1977 teilt sich Chéreau mit Roger Planchon die Leitung des renommierten Théâtre National Populaire de Lyon de Villeurbanne. In der Zeit erhält er die Einladung zur Inszenierung des "Rings" anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Bayreuther Wagner-Festspiele - eine heute als legendär geltende Inszenierung. 1983 wird er zum Intendanten des Théâtre des Amandiers in Nanterre bei Paris berufen, wo er zahlreiche junge Schauspieler ausbildet. Chéreaus erster großer Kinofilm ist 1974 entstanden nach dem Roman von James Hadley Chase: "Das Fleisch der Orchidee" mit Charlotte Rampling. Mit "Die Bartholomäusnacht" (1994) mit Isabelle Adjani wird er auch international als Filmregisseur berühmt. Der provokante "Intimacy" wird 2001 mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet. Chéreaus Filme haben oft einen persönlichen, intimen Charakter. Sie kreisen um Beziehungskonflikte, Sexualität, Homosexualität, familiäre Verstrickungen und die Frage nach der "Schuld". [ARTE, November 2012]